Tina Hiller ist seit 2001 Beraterin und Coach bei der next level consulting. Seit Anbeginn ihres beruflichen Werdegangs spielen die Themen Kommunikation und Kollaboration eine zentrale Rolle – meist in Form von Projekt- oder Change-Vorhaben. Bei der next level academy leitet sie den Lehrgang Professional Coaching. Tina gibt uns in unserem Interview ein paar Einblicke zum Thema Coaching und beantwortet uns auch die Frage, warum Coaching heutzutage einen so hohen Stellenwert hat.
1) Tina, wann hast du angefangen dich mit dem Thema Coaching zu beschäftigen? Wie ist deine Leidenschaft für Coaching entstanden?
Hallo! Das ist eine Frage mit einem recht lustigen Hintergrund. Nachdem ich zunächst für einige Jahre nach meinem BWL-Studium in einem großen österreichischen Unternehmen als Projekt- und Change Managerin gearbeitet habe, bin ich 2001 zur next level consulting gewechselt. In meinem zweiten Jahr wurde ich, ohne viel Vorkenntnis, zum Projekt Coach ernannt. Das war vor mehr als 20 Jahren. Da ich anfangs immer wieder mit Widerständen zu kämpfen hatte, habe ich mich entschieden, eine klassische systemische Coachingausbildung zu machen. Aus der Vorstellung, dass ein Wochenend-Kurs reicht, wurde dann ein vierjähriges, berufsbegleitendes Masterstudium. Meine Aufträge bei der next level sind heutzutage hauptsächlich Coaching Aufträge.
2) Warum glaubst du, hat Coaching heutzutage in der Projekt-/ bzw. Agilen Welt einen so hohen Stellenwert?
Es gibt heutzutage zwar immer noch unterschiedliche Ansichten über Coaching. Was mich aber am Coaching-Ansatz begeistert ist, dass er personenzentriert ist. Ich frage mich: Wie gehe ich an die Arbeit mit einem Team oder einer Person heran, so dass die Menschen sagen: „Das war nützlich“? Es geht darum, die Professionalität, die Möglichkeiten dieser Person oder des Teams zu steigern, sodass die Menschen danach selbständig agieren können und sich weiterentwickeln.
„Gib einer Person einen Fisch und du ernährst sie für einen Tag. Lehre eine Person zu fischen und du ernährst sie für sein Leben.“
3) Wer kann von Coaching profitieren? Muss ich ein Problem haben, wenn ich mit einem Coach arbeite?
Nein, überhaupt nicht. Der Ansatz beim Coaching ist nicht defizitorientiert. Das Ziel ist die Guten noch besser zu machen und Ihre Stärken weiterzuentwickeln. Man könnte es sich aus der Sicht eines Spitzensportlers / einer Spitzensportlerin ansehen. Diese haben einen Coach, um die besten Ergebnisse erreichen zu können, um auf das Podium zu gelangen.
4) Wie finde ich den richtigen Coach?
Die guten Coaches bieten so genannte „Chemistry Sessions“ an. Das Wichtigste zu Beginn ist zu wissen, ob die Chemie zwischen Ihnen und dem Coach passt. Ist der/ die Coach jemand mit dem man sich wohlfühlt? Als zweites würde ich hinterfragen, was hinter der Ausbildung dieser Person steckt. Inwiefern hat er/ sie eine professionelle Ausbildung gemacht? Wie lange hat diese gedauert? Ist sie eventuell international akkreditiert? Man kann nach gewisser Professionalität fragen. Nicht zuletzt ist auch die Fachexpertise wichtig. Ist diese für mich primär oder sekundär? Das wären für mich die drei wichtigsten Kriterien, nach deren ich mich entscheiden würde, ob der/ die Coach richtig für mich ist.
5) Was macht ein gutes Coaching aus? Ganz praktisch gesehen: Was muss ein guter Coach können, um wirksam zu sein?
Im Zentrum sollte folgende Fragenstellung stehen: Wie führe ich ein Gespräch (egal ob mit einer Einzelperson oder mit einem Team), dass der Gesprächspartner es nützlich findet? Es ist nicht so einfach, ein Gespräch führen zu können, dass der Gesprächspartner am Ende denkt: „Das war jetzt wirklich eine gut investierte Stunde; das hat mir weitergeholfen.“
In einer Coaching Ausbildung arbeitet man an zwei wichtigen Kompetenzen:
Erstens ist es die innere Werthaltung oder auch Mindset genannt, die für den Coach handlungsleitend in so einem Gespräch ist. Zweitens erlernt man „ungewöhnliche“ Gesprächsführungstechniken. Wie führe ich Gespräche, die sich von einer normalen Unterhaltung unterscheiden? Im Zentrum steht für unser Fachcoaching dabei: wie bringe ich an welcher Stelle meine Expertise ein? Wie kann ich jemanden Inhalte erklären und weiterhelfen ohne direkte Anweisungen oder Empfehlungen zu geben? Es sollte dabei eine Lösung rauskommen, die für dieses Team/ diese Person wirklich passend ist.
6) Wie werden diese Kompetenzen im Lehrgang Professional Coaching aufgebaut?
Die wichtigsten Coaching-Techniken, die wir im Lehrgang Professional Coaching bearbeiten sind unter anderem:
- Fragetechniken,
- das aktive Zuhören und
- Angebote machen bzw. Co-konstruieren
Gleichzeitig wird aber auch, wie gesagt, an der eigenen Haltung (dem Mindset) gearbeitet. Alle Inhalte werden dabei nicht nur erklärt, sondern sehr viel geübt.
Unser Lehrgang besteht aus drei Kernmodulen, die jeweils von zwei Trainer:innen begleitet werden:
- Im ersten Modul verschaffen wir uns einen Überblick über das Professionelle Coachen. Die Teilnehmenden bekommen das Grundverständnis zu Projekten, Agilität und Coaching. Wir entdecken gemeinsam, welche Kernkompetenzen einen guten Coach ausmachen.
- Im zweiten Modul eignen wir uns die richtigen Methoden und Techniken an und fangen an zu üben.
- Im dritten Modul konzentrieren wir uns auf Coaching in Einzel- und Teamsettings und vertiefen die Kenntnisse, die wir zuvor gelernt haben. Zwischen den Modulen üben die Lehrgangskolleg:innen in Peer-Groups und arbeiten an der Umsetzung Ihrer konkreten Transfervorhaben.
Durch die Teilnahme an diesem Lehrgang haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, den ersten Schritt auf dem Weg zur international anerkannten Zertifizierung als Associate Certified Coach (ACC) zu machen.