1) Alex, wie ist es dazu gekommen, dass next level consulting zwei eigene, auf MS Excel basierende Lösungen im Projektmanagement anbietet?
Wie so oft, war das nicht wirklich eine strategische Entscheidung. Vor 20 Jahren haben wir bei Kunden primär MS Project in einem 2-Tage-Format trainiert. Einerseits war das für die Teilnehmer:innen teilweise frustrierend, da neben dem klassischen magischen Dreieck, wenige in den PM-Trainings vorgestellte Methoden (Projektauftrag, PSP, Stakeholderanalyse, etc.), von einem Standardtool (wie MS Project) unterstützt wurden. Andererseits waren die Teilnehmer*innen der Meinung, dass die Software für die meisten ihrer „Projekte“ zu komplex sei. Zu dieser Zeit hatten deshalb auch viele Unternehmen für die unterschiedlichen PM-Methoden unterschiedliche MS Office Vorlagen „selbst gestrickt“. Daraufhin haben wir ein MS Excel Blatt entwickelt, welches noch ohne Makros auskam und nur auf Kleinprojekte ausgelegt war, jedoch über bedingte Formatierungen die ersten Visualisierungen für PSP und Gantt enthielt.
2) Warum habt ihr euch dann entschieden das weiterzuentwickeln und sogar eine Lösung zum Projektportfoliomanagement aufzubauen?
Wir hatten bereits mit den ersten beiden Kundenaufträgen die Entwicklungsaufwände erwirtschaftet und das Feedback der Kunden ging in die Richtung, warum es das nicht auch für „größere“ Projekte gibt. So wuchs die Lösung zu Möglichkeiten, die Aufgaben über mehrere Ebenen zu strukturieren, Netzplantechnik zu unterstützen oder eben sogar Portfoliomanagement anzubieten. Wir haben schon damals nicht mit einer modernen Softwarearchitektur gepunktet, sondern damit etablierte Projektmanagement-Ansätze zu unterstützen, eine einfache Bedienung und umfangreiche Visualisierung anzubieten. Vor allem die Akzeptanz bei den Usern war immer sehr hoch, da die Methoden integriert ineinandergriffen und man nicht redundant Informationen in einzelnen MS Office-Vorlagen aktualisieren musste.
3) Hat sich das verändert?
Das kann ich nur mit einem klaren Jein beantworten. Schon vor mehr als 10 Jahren hatte die dateibasierende Lösung Nachteile, da man nicht gemeinsam an einem Projektplan arbeiten konnte. So begannen wir Arbeitspaket-Spezifikationen zu exportieren und importieren oder nicht mehr 50 Projekthandbücher einzeln zu öffnen und Daten für das Portfoliomanagement auszulesen, sondern Informationen über eine zentrale Datenbank auszutauschen. Während wir bei den älteren Semestern mit unserer MS Office Architektur hinsichtlich ein PDF per Knopfdruck zu generieren und auszudrucken oder eine PowerPoint Präsentation zu erzeugen punkten, wundern sich jüngere Semester, warum wir keine rein webbasierende Cloud-Lösung anbieten. Ebenso eignet sich die dateibasierende Systematik für agile Vorgehensweisen, wo sich die Mitarbeitenden ihre Aufgaben selbst „ziehen“, immer weniger.
4) Also ist ein auf MS Excel basierendes Projektmanagement überholt?
Das kann man so nicht sagen. Natürlich würden wir, wenn wir heute nochmals auf der grünen Wiese aufsetzen würden, nicht mit MS Excel und einer VBA (Visual Basic for Applications) Programmierung starten. Andererseits hatten wir auch schon zwischenzeitlich Entwicklungen auf Technologien initiiert, die heute weit mehr überholt sind als MS Excel. Ein Beispiel dafür ist Silverlight – eine Technologie, die heute von keinem Browser mehr unterstützt wird. Zwischenzeitlich haben wir uns selbstverständlich ebenfalls weiterentwickelt und tauschen beispielsweise Daten mit SharePoint aus, welcher Kollaboration besser unterstützen kann. Für das Projektportfoliomanagement haben wir einen Web Project Editor entwickelt, der mit Angular Materials von Google hinsichtlich Software-Architektur aktuell „state-of-the-art“ ist. Wir haben aber noch immer Anwender*innen, denen unsere einfache und kostenlose next project light Version zu umfangreich und kompliziert ist.
5) Was spricht weiterhin dafür Projektmanagement mit MS Excel zu unterstützen?
Einerseits bieten heute moderne Entwickler-Frameworks bereits umfassende Bibliotheken. Wir hatten uns damals auch für MS Excel entschieden, weil wir da Formeln und Diagramme nutzen konnten und uns um keinen Zoom oder Ausdruck kümmern mussten. Andererseits haben viele Unternehmen noch immer etablierte Spezifika, die sich teilweise mit Standardlösungen nicht abdecken lassen. Anforderungen, welche sich nicht durch Konfiguration abdecken lassen, sind mit MS Excel und VBA meist immer noch weit schneller umsetzbar als mit irgendeiner Webentwicklung, wobei sich auch das durch Werkzeuge, wie MS PowerApps verändert hat und weiter verändert wird.
6) Also zusammenfassend ist MS Excel noch nicht überholt, aber eine dateibasierende Unterstützung bringt im Projektmanagement einige Nachteile mit sich.
Dem würde ich nicht widersprechen. Ich denke aber, dass ein adäquater PM-Ansatz und eine akzeptierte Projektplanung weit wichtiger sind als eine tolle PM-Software und, dass eine sinnvolle funktionelle Unterstützung dieses PM-Ansatzes wesentlicher ist, als die Frage, ob die Softwarearchitektur dahinter überholt ist. Wir arbeiten bei unseren Kunden mit unterschiedlichsten Werkzeugen und trainieren auch andere Software. Jede Lösung hat ihre Stärken und Schwächen und ich erlebe es deshalb selten, dass in einem Unternehmen nur eine Software zur Unterstützung des Projektmanagements genutzt wird.