Bau-Projektmanagement neu denken: Wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit die Branche verändern
4. Dezember 2024
Die Anforderungen an Bau-Projektmanager:innen haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Neben der klassischen Projektsteuerung stehen heute Digitalisierung, Nachhaltigkeit und ein umfassendes Risikomanagement im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Der Lehrgang Bau-Projektmanagement vermittelt praxisnah alle wesentlichen Kompetenzen, um die Herausforderungen moderner Bauprojekte zu meistern.
In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die neuen Anforderungen an das Bauprojektmanagement. In einem Interview mit Prof. Dr. Tanja Kessel von der TU Braunschweig beleuchten wir die notwendigen Kompetenzen für ein professionelles Bauprojektmanagement der Zukunft.
Neue Anforderungen an das Bau-Projektmanagement
Österreichs größter Projektmanagement-Kongress, der #pmafocus24, widmete sich dieses Jahr dem Thema Zukunft: Unter dem Titel „Projecting Futures - mit Projektmanagement die Welt verbessern“ beschäftigten sich die Teilnehmer:innen mit den großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit und wie Projektmanagement als Schlüssel zu deren Bewältigung dienen kann.
Auch wir von next level consulting waren dabei: Gemeinsam mit der TU Braunschweig gestalteten Wolfgang Rabl (CEO next level consulting) und Prof. Dr. Tanja Kessel (TU Braunschweig) einen Workshop zum Thema „Wir steuern gegen das Projektkostenziel. Die Projekt-Governance als Game Changer im öffentlichen Bau-Projektmanagement“.
In diesem Beitrag wird ausführlich beleuchtet, welche Anforderungen an Bau-Projektmanager:innen in einer zunehmend digitalisierten und nachhaltigen Welt gestellt werden und wie der Lehrgang Bau-Projektmanagement gezielt auf diese Anforderungen vorbereitet.
Technologische Innovationen revolutionieren das Bau-Projektmanagement
Die zunehmende Digitalisierung hat das Bau-Projektmanagement in den letzten Jahren tiefgreifend verändert. Dank digitaler Werkzeuge ist es heute möglich, Informationen schneller auszutauschen und effizienter zusammenzuarbeiten. Insbesondere die Einführung von Building Information Modeling (BIM) hat es ermöglicht, dass verschiedene Fachdisziplinen gleichzeitig an denselben Bauplänen arbeiten können. Dies hat die Art und Weise, wie Bauprojekte koordiniert und umgesetzt werden, grundlegend verändert.
Ein wichtiger Faktor für die Zukunft ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). KI hat das Potenzial, die Verwaltung und Analyse von großen Projektdatenmengen zu revolutionieren. Bei großen Bauprojekten fallen täglich Mengen an Dokumenten und Daten an, die oft schwer zu organisieren sind. KI kann dabei helfen, diese Daten effizient zu durchsuchen, zu strukturieren und relevante Informationen für das Projektmanagement bereitzustellen. Beispielsweise könnte KI Protokolle und Dokumente automatisch durchsuchen und den Projektleiter:innen die relevanten Informationen präsentieren.
Der nächste logische Schritt ist die Digitalisierung der Baustelle selbst. Prozesse werden zunehmend datenbasiert und es wird immer wichtiger, diese Daten systematisch zu erfassen, zu pflegen und zu analysieren. Dies ersetzt herkömmliche Papierprotokolle und ermöglicht ein effizienteres Management von Bauprojekten.
Nachhaltigkeit im Bau-Projektmanagement: Eine neue Dimension
Das Thema Nachhaltigkeit hat im Bauwesen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, ist aber noch nicht in allen Bereichen gleich weit fortgeschritten. Während es im Bauträgerbereich bereits etablierte Zertifizierungssysteme gibt, steht die Umsetzung nachhaltiger Praktiken im Infrastrukturbereich, z.B. im Straßenbau, noch am Anfang.
Für das Management von Bauprojekten wird es in Zukunft entscheidend sein, auch den Bauprozess selbst hinsichtlich CO₂-Emissionen und Ressourcenverbrauch zu überwachen. Moderne Bauprojekte erfordern die Messung und Steuerung von Umweltkennzahlen ebenso wie von Zeit- und Kostenfaktoren. Die BIM-Methode ermöglicht es bereits heute, Informationen wie den CO₂-Fußabdruck von Baustoffen zu hinterlegen. In Zukunft wird es notwendig sein, auch die Emissionen von Maschinen und Transportfahrzeugen auf der Baustelle zu messen und in die Projektsteuerung zu integrieren.
Die Aufgabe von Bau-Projektmanager:innen wird sich dahingehend erweitern, dass sie Umweltindikatoren überwachen und sicherstellen, dass nachhaltige Praktiken eingehalten werden. Dies wird als „vierte Dimension“ des Bau-Projektmanagements neben den klassischen Parametern Zeit, Kosten und Qualität gesehen.
Neue Anforderungen an Bau-Projektmanager:innen: Zeit, Kosten und Risikomanagement
Die Aufgaben der Bau-Projektmanager:innen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Durch die Digitalisierung werden Prozesse zunehmend vernetzt, und es ist entscheidend, dass Projektmanager:innen in der Lage sind, die verschiedenen Aspekte eines Projekts ganzheitlich zu steuern.
Ein großes Problem in der Praxis ist das Silodenken. Zeit- und Kostenmanagement werden oft getrennt betrachtet, obwohl beide Bereiche eng miteinander verknüpft sind. Eine Verzögerung im Bauablauf wirkt sich fast immer auch auf die Kosten aus. Bei vielen Projekten werden diese beiden Faktoren jedoch nicht systematisch miteinander verknüpft, was zu Problemen führen kann. Ein effektives Bau-Projektmanagement muss diese Lücke schließen und dafür sorgen, dass Termin- und Kostensteuerung Hand in Hand gehen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Risikomanagement. Bauprojekte sind immer mit Unsicherheiten behaftet und es gilt, Risiken frühzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. Die Fähigkeit, Risiken systematisch zu identifizieren und zu überwachen, wird in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen.
Auch die Zusammenarbeit zwischen Bauunternehmen und Planern wird sich durch die Einführung neuer Vertragsformen verändern. Kollaborative Vertragsmechanismen, bei denen Bauunternehmen und Planer in einem Vertrag zusammengeführt werden, sind auf dem Vormarsch. Dies verändert die traditionelle Rolle der Bau-Projektmanager:innen, die nun beide Bereiche koordinieren und das Gesamtprojekt managen müssen
Interview mit Univ.-Prof. Dr.-Ing. Tanja Kessel über die steigenden Anforderungen im Bau-Projektmanagement
Das Bau-Projektmanagement ist heute so anspruchsvoll wie nie zuvor. Technologische Innovationen, Umweltauflagen und die gestiegene Komplexität moderner Bauprojekte erfordern von Bauprojektmanager:innen nicht nur technisches Fachwissen, sondern auch umfassende Fähigkeiten in der Projektsteuerung, im Risikomanagement und in der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Eine Expertin auf diesem Gebiet ist Univ.-Prof. Dr.-Ing. Tanja Kessel, Professorin für Infrastruktur- und Immobilienmanagement an der Technischen Universität Braunschweig. Die Bauingenieurin lehrt seit mehr als 13 Jahren alles rund um die Entwicklung, Finanzierung und das Management von Immobilienprojekten. In ihrer Lehre verbindet sie praxisnahes Wissen mit aktuellen Forschungsergebnissen, insbesondere in den Bereichen Bau-Projektmanagement, Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Frau Professor Kessel, inwiefern haben sich die Anforderungen an Bau-Projektmanager:innen in den letzten Jahren verändert?
Vor allem durch die Digitalisierung können die Prozesse im Bauprojektmanagement viel durchgängiger abgebildet werden. Was aber noch fehlt, ist die konsequente Verknüpfung von Kosten und Zeit. Wenn sich die Zeit verlängert, hat das immer auch Auswirkungen auf die Kosten. Diese beiden Faktoren werden aber oft nicht zusammen betrachtet. Wenn also das Zeitcontrolling feststellt, dass sich die Bauzeit verlängert, wird dies im Kostencontrolling oft nicht berücksichtigt. Es herrscht ein sogenanntes Silodenken, bei dem jeder für sich arbeitet.
Wie kann man diesem Silodenken entgegenwirken und ein Bauprojekt möglichst reibungslos abwickeln?
Es geht darum, einerseits Zeit und Kosten zusammenzuführen und andererseits das Risikomanagement zu integrieren, um Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, die auch tatsächlich greifen. So kann das Bauprojekt möglichst störungsfrei abgewickelt werden. Auch die Zusammenarbeit zwischen Bauunternehmen und Planer:innen wird sich verändern. Zunehmend werden kollaborative Vertragsformen auftreten, bei denen beide Parteien gemeinsam in einem Vertrag stehen. Das bedeutet auch neue Herausforderungen für das Bau-Projektmanagement, da nun beide Bereiche in einem großen Vertrag zusammengefasst sind.
Welche Herausforderungen bei Bauprojekten unterstreichen die Notwendigkeit eines professionellen Bau-Projektmanagements?
Im Bau-Projektmanagement haben wir es immer mit einer Vielzahl von Stakeholdern zu tun. Jeder redet mit und jeder hat eine Meinung. Das erinnert ein wenig an die Erziehung von Kindern, wo auch jeder glaubt, es besser zu wissen. Beim Bauen ist es ähnlich: Ob Straßenbau, Hochbau oder Wohnungsbau, es gibt viele verschiedene Beteiligte – Bauherr:innen, spätere Nutzer, die Öffentlichkeit, Baufirmen und viele mehr. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten gut informiert sind und die Informationen erhalten, die sie benötigen. Das Stakeholdermanagement ist daher ein zentraler Bestandteil des Bau-Projektmanagements.
Darüber hinaus sind Bauprojekte oft Versprechen: Es gibt eine Idee oder ein Modell, aber die tatsächliche Leistung wird erst am Ende sichtbar. Der/die Bauprojektmanager:in hat dafür zu sorgen, dass dieses Versprechen eingehalten wird - sei es in Bezug auf Qualität, Kosten oder Zeit.
Gibt es bestimmte Fertigkeiten, die bei Bauprojekten gesucht werden, aber oft schwer zu finden sind?
Viele Bauprojektmanager:innen kommen aus dem Bauingenieurwesen und sind daher sehr technikorientiert. Wir müssen aber auch die Kosten im Griff haben und dafür sorgen, dass es wirtschaftlich bleibt. Deshalb bräuchten wir eigentlich auch Leute aus der Betriebswirtschaft. Besonders gefragt sind Leute, die sowohl technisches als auch kaufmännisches Wissen in sich vereinen.
Ideal wäre die sprichwörtliche ‚eierlegende Wollmilchsau‘ - also jemand, der technisches Verständnis, kaufmännische Kompetenz und IT-Know-how mitbringt. Diese Kombination ist jedoch schwer zu finden.
Inwiefern berücksichtigt der Lehrgang Bau-Projektmanagement die neuesten Entwicklungen?
Im Lehrgang gehen wir einerseits auf das Vertragsmanagement ein, insbesondere auf die neuen Vertragsformen, die in der Branche entstehen. Diese bringen neue Konstellationen und Verantwortlichkeiten mit sich. Zum anderen ist die BIM-Methodik ein zentraler Bestandteil des Lehrgangs, da sie die Projektsteuerung nachhaltig verändert hat. Und nicht zuletzt widmen wir uns dem Thema Nachhaltigkeit, das in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird.
Vielen Dank für das Interview!
Fazit
Das Bau-Projektmanagement steht vor einem grundlegenden Wandel. Die Digitalisierung und der zunehmende Fokus auf Nachhaltigkeit stellen Bauprojektmanager:innen vor neue Herausforderungen. Wer hier erfolgreich sein will, braucht nicht nur technisches Know-how, sondern auch ein tiefes Verständnis für Kosten, Zeitmanagement und Risikomanagement.
Der Lehrgang Bau-Projektmanagement bereitet Fachleute gezielt auf diese Anforderungen vor und vermittelt praxisorientiertes Wissen in den Bereichen Planung, Steuerung und Leitung von Bauprojekten.
Lehrgang Bau-Projektmanagement
- Praxisorientierte Inhalte:
Der Lehrgang vermittelt in 3 Präsenzworkshops, Online-Sessions und E-Learnings (insgesamt 8 Ausbildungstage) umfassendes Wissen in den Bereichen Planung, Steuerung und Leitung von Bauprojekten. - Hybride Lernmethoden:
Durch die Kombination von Präsenzveranstaltungen und E-Learning-Modulen können die Teilnehmenden ihr Lerntempo individuell gestalten. - Kooperation mit der TU Braunschweig:
In Kooperation mit der Technischen Universität Braunschweig bietet der Studiengang Einblicke in die Praxis und in die aktuelle Forschung.