„Neues Arbeiten“ in Zusammenhang mit einer entsprechenden Unternehmenskultur trägt dazu bei, dass Organisationen erfolgreicher, Teams innovativer und MitarbeiterInnen motivierter bei der Arbeit sind. Wie das gehen kann, lesen Sie in dieser Serie. Teil 2 handelt von der „psychologischen Sicherheit“.
Von Katharina Heger
In unserer Serie zum Thema „Neues Arbeiten“ geht es um folgende Themen und wie sie sich auf die Unternehmenskultur auswirken:
- Angstfreie Organisation schafft psychologische Sicherheit
- Psychologische Sicherheit erhöht die Produktivität
- Achtsames Zuhören (oder „deep listening“ nach Otto Scharmer) markiert jene höchste Ebene des Zuhörens, wo man das Potential des Gegenübers sucht und erkennt, um „das Neue“ wahrzunehmen.
- FeedForward (statt Feedback) beschreibt eine neue Art des Zusammenarbeitens, wo man weniger zurückblickt und wertet, was passiert ist (Feedback), sondern mit gewünschten Zukunftsbildern arbeitet.
Säule #2 für Neues Arbeiten: Psychologische Sicherheit erhöht die Produktivität
Im ersten Teil unserer Serie „Neues Arbeiten“ gehen wir unter anderen den Fragen nach, was eine angstfreie Organisation ausmacht, wie man Räume für Ungehorsam öffnet und warum bessere Teams mehr Fehler machen.
Im Umfeld einer angstfreien Organisation entsteht psychologische Sicherheit: Hier ist es möglich, Fragen zu stellen, neugierig zu sein, Fehler einzugestehen, Informationen weiterzugeben oder sich gegen einen Vorschlag auszusprechen. Es ist möglich, zu experimentieren, voneinander zu lernen und Neues auszuprobieren.
Es wird akzeptiert, dass einige Experimente scheitern können, aber das wird nicht als Versagen der Person, sondern als Lernfortschritt angesehen. Ja, man kann sogar verletzlich sein. Ohne negative Konsequenzen wie Kritik, Abwertung oder Schlechterstellung zu befürchten. Es gibt eine Basis für Vertrauen. Eine Frage kann zum Austausch und zur Reflexion anregen. Ein Fehler kann zum Lernen beitragen und dessen Aufdecken weitere Fehler zu vermeiden helfen. Jedem wird zugehört – was übrigens Thema des dritten Teils dieser Serie ist.
Streiten schafft neuen Schwung
Bei der psychologischen Sicherheit geht es nicht darum, immer nett zu anderen zu sein. Das wäre zwar einfach, aber nicht effektiv. Es geht darum, offene und ehrliche Meinungen auszutauschen, zwischenmenschliche und intrapersonelle Spannungen zu bewältigen, zwischenmenschliche Risiken einzugehen, Fehler zuzugeben, um Hilfe zu bitten und voneinander zu lernen.
Wer es in einer Organisation immer „nett & freundlich“ haben möchte, verhindert, dass durch eine falsch verstandene Höflichkeit Schwachpunkte angesprochen werden, dass Verbesserungspotenzial gehoben wird, dass man innovativer und kreativer ist.
Wer Scheu vor Konfrontationen hat, könnte diese Art von Diskussionen in sachlichen Themen als intellektuelles Duell sehen. Wenn die Gesprächspartner/Innen gut kontern, kann man daraus lernen und besser werden, und sich weiterentwickeln.
Dort, wo es produktiven Widerstand gibt, entstehen neue Kräfte, die einen frischen Schwung in eine (vielleicht eingefahrene) Betrachtung bringen können. Durch Reibung entsteht letztendlich Wärme – und diese hält Teams zusammen, wenn eine psychologische Sicherheit besteht.
Hier wird deutlich, wie sich eine hohe Verantwortung in einem Umfeld der psychologischen Sicherheit als „Lernzone“ etabliert – wo konstruktive, kreative und vor allem produktive Arbeit möglich ist. Währenddessen nimmt man in einer Atmosphäre der psychologischen Unsicherheit dieselbe Situation als „Angstzone“ wahr: Da beäugen sich die Teammitglieder ständig argwöhnisch und sehen sich im (internen) Wettbewerb. Eine Frage wird als Zeichen von Inkompetenz gesehen, ein Fehler ist ein Zeichen von Schwäche. Es geht darum, das Gesicht zu wahren, eigene Unvollkommenheit zu verbergen und keinesfalls vor den Kollegen schlecht dazustehen. Es fehlt an Vertrauen unter den Teammitgliedern!
Es ist in Organisationen evident, dass die Mitarbeiter:innen in die „Lernzone“ kommen, wenn man als Unternehmen oder als Team mit der Komplexität und Schnelllebigkeit umgehen will! Denn sowohl in der Angstzone als auch in der Komfortzone leiden Produktivität und Teamspirit. Und jene MitarbeiterInnen, die in der Apathiezone festsitzen, wollen nichts mehr leisten und nichts mehr lernen – und haben eigentlich schon innerlich gekündigt.
Im dritten Teil zur Serie „Neues Arbeiten“ geht es darum, wie achtsames Zuhören das Potential in Teams hebt und vor allem, wie man diese Fähigkeit erlernen kann.