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22.04.2020 | News

Neue Fehlerkultur & temporäre Teamarbeit

Von Katharina Heger


Das viel gepriesene Agile Arbeiten fordert Mut zur Transparenz und Offenheit einer gewissen Fehlerkultur gegenüber. Es darf und sollte sichtbar sein, wenn Fehler passieren, weil alle davon lernen können – insbesondere innerhalb eines Teams. Darin liegt ein weiterer Erfolgsfaktor der agilen Welt, dass man alle benötigten Kompetenzen über eine gewisse Zeit in einem Team zusammenbringt.


Ein Kernelement des neuen Arbeitens in einer agilen Welt ist der „Teamgedanke“: Je nach Projekt bilden sich temporäre Arbeitsgruppen, die alle Prozesse abdecken können, alle Expertisen und Skills einbringen. Die Struktur, in der ein Projekt oder Produkt in seiner Entstehung von Abteilung zu Abteilung wandert und sich Mitarbeiter immer wieder aufs Neue damit auseinandersetzen müssen, hat ausgedient.
Teamwork verkürzt einerseits massiv die „time-to-market“ und andererseits findet eine durchdringende Verbreiterung des Wissens statt: Die Teammitglieder lernen voneinander, die Expertise im Team wächst, die Entscheidungskompetenz im Team steigt.

 

Um den Nutzen für den Kunden zu maximieren, sollte man auch ihn möglichst früh ins Boot (sprich: ins Team) holen – also nicht erst, wenn das Projekt oder Produkt (vermeintlich) fertig ist, sondern schon in früheren Phasen. Denn nur dann, wenn Kunden und Stakeholder in einem frühen Stadium mitreden, testen und Feedback geben können, darüber, was ihnen gefällt oder was sie sich ganz anders vorgestellt haben, kann man „leere Kilometer“ vermeiden.
Darum liegen Formate wie Design Thinking mit einer betonten Kundenzentrierung stark im Trend, bei denen mehr Zeit für und mit dem Kunden „investiert“ wird, um dessen Wünsche zu erkennen, die Herausforderungen zu verstehen und erst dann in die Lösung zu gehen.
Die Maxime des agilen Arbeitens = fail fast!
Unter dem Paradigma, schnell etwas auszuliefern, wird im Team etwas ausprobiert, offen gelegt und man bekommt promptes Feedback – was exakt der springende Punkt ist: Je früher wir Fehler machen, umso billiger wird es für das Unternehmen und letztendlich auch für den Kunden.
Die folgende Abbildung [Grafik_Kosten Fehlerbehebung] verdeutlicht, wie es für Unternehmen in der Software-Entwicklung immer teurer wird, je später Fehler entdeckt werden:

Je früher man den Kunden integriert und mit an Bord hat, desto schneller wird man letztendlich liefern können – am besten in Teilschritten. Dies als Entwicklung und Fortschritt anzusehen, geht Hand in Hand mit den Themen „Fehlerkultur“ und „New Work“. Die agile Welt verbindet Kundensysteme und Entwicklungssysteme viel stärker miteinander; man arbeitet partnerschaftlich in einem System – von der Entstehung von Ideen bis hin zum Prototypen.
Und das Beste: Teamarbeit lässt sich auch virtuell mittels Teleworking bestens umsetzen, man braucht also keine langen Terminabsprachen, sondern kann ein regelmäßiges „Update-Meeting“ in kurzer Zeit anberaumen.


Eine bewährtes Vorgehensmodell für Projekt- und Produktmanagements ist die sogenannte „Scrum“-Methode: Es gibt ein Rahmenwerk, das die Dauer und den Ablauf genau vorgibt.

Das Grundgerüst der Teamarbeit ist ein tägliches „Stand up-Meeting“ (max. 15 min). Zu Beginn jedes „Sprints“ (das ist eine vordefinierte Zeitspanne von üblicherweise einer Woche) gibt es eine Planung und am Ende eine Review und Retrospektive. Dazwischen darf man ungestört arbeiten.
Agile Fehlerkultur = Scheitern als Symbol für Mut und Stärke sehen
Unser Kulturkreis ist stark im Vermeiden von Unsicherheiten und Fehlern verhaftet. In einer Gesellschaft, in der Leistung im Vordergrund steht, in der man erfolgreich sein muss, um als produktiv zu gelten, ist Scheitern etwas, wofür man sich „schämen sollte“. Aber wer sich schämt, ist in einer Stagnation, in einer Starre.
Agil kann nur funktionieren, wenn wir mit diesem Scheitern gut leben können: Wenn wir nicht nur Andere gerne Scheitern sehen (was allzu menschlich ist), wenn wir nicht nur das Scheitern Anderer respektieren und vielleicht sogar sympathisch finden (weil es menschlich ist),sondern wenn wir selber kein Problem mehr damit haben, uns selbst ein Scheitern einzugestehen.

Wenn wir im Gegensatz dazu immer versuchen, Fehler zu vermeiden oder zu vertuschen, werden wir noch stärker in die Stagnation gehen, es wird noch mehr Richtlinien geben, noch mehr Prozesse, noch mehr Entscheidungsträger, noch mehr verstrichene Zeit.
Ein guter Ansatz wäre, daheim in der Familie oder unter Freunden damit zu beginnen: Wie schwer fällt es uns, im privaten Bereich zu erzählen, wenn etwas nicht so gut gelaufen ist – dass man kritisches Kundenfeedback bekommen oder einen Kunden verloren hat. Vielmehr steckt es in uns, unseren Kindern zu vermitteln, welch erfolgreicher, fehlerfreier Superhero man täglich ist.
Daran lässt sich erkennen, wie massiv das „Nicht-Scheitern-dürfen“-Thema in uns verankert ist – und dieser psychische Druck gipfelt gerne im Burnout. Statt dessen sollten wir unser Scheitern akzeptieren und respektieren: „Ja, heute war ein schlechter Tag, es ist alles schief gelaufen … ich habe aber viel lernen dürfen.“

Wenn wir das umsetzen, werden wir lernen, sportlicher mit unseren Misserfolgen umzugehen und Scheitern als part-of-the-game zu akzeptieren. Dazu braucht es eigentlich nur ein klein wenig Vertrauen in uns selbst, in das Team, die Familie, den Freundeskreis … und dann noch eine gewisse Portion Mut.


Also keine Angst vor Veränderungen – wir stecken ohnehin gerade mittendrin.

 

 

 

 

 

Katharina Heger
Senior Consultant next level consulting

 

 

 

 

 

 

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